Bahnt sich eine Computer-Chip-Revolution an?

Apple hat Mitte November seine erste eigene CPU M1 auf Basis der ARM-Architektur vorgestellt. Die Fachpresse reagiert begeistert auf die hohe Performance bei geringem Energiebedarf. Das US-Unternehmen Cerebras produziert hingegen den größten Computerchip der Welt: Auf einer Fläche von über 30 cm-Durchmesser arbeiten 1,2 Billionen Transistoren.

Der M1 ist der erste Computerchip, der mit 5 Nanometer Prozess-Technologie gefertigt wurde. Er ist vollgepackt mit 16 Milliarden Transistoren. [Bild: Apple]

Der M1 ist der erste Computerchip, der mit 5 Nanometer Prozess-Technologie gefertigt wurde. Er ist vollgepackt mit 16 Milliarden Transistoren. [Bild: Apple]

Obwohl die Produktionstechnik von Siliziumchips immer weiter an ihre physikalischen Grenzen getrieben wird, sind die Möglichkeiten, die das Material bietet, offensichtlich noch lange nicht ausgereizt, wie zwei aktuelle Entwicklungen aus den USA belegen: Den Massenmarkt für Personal Computer könnte ein großer Schritt des Unternehmens Apple umwälzen. Mit der Veröffentlichung der ersten Macs mit dem schnellen, selbstentwickelten M1 Chip auf Basis der ARM-Architektur wird die dominierende Stellung von Intel in diesem Marktsegment herausgefordert. ARM-Architekturen werden bislang ganz überwiegend im Smartphone-Bereich verwendet. Der neue Apple-Chip M1 zeichnet sich in Tests durch eine herausragende Performance bei sehr niedrigem Energieverbrauch aus. Als System on a Chip (SoC), so Apple in einer Pressemitteilung, vereine der M1 mehrere leistungsstarke Technologien auf einem einzigen Chip und habe eine Architektur für gemeinsamen Speicher, die spürbar mehr Leistung und Effizienz ermögliche. Der M1 ist der erste Computerchip, der mit 5 Nanometer Prozess-Technologie gefertigt wurde. Er verfügt über 16 Milliarden Transistoren. Damit liefere der M1 eine bis zu 3,5-mal schnellere CPU-Leistung, eine bis zu 6-mal schnellere GPU-Performance und bis zu 15-mal schnelleres maschinelles Lernen – und all das bei einer bis zu doppelt so langen Batterielaufzeit verglichen mit Mac Computern der vorherigen Generation. Tatsächlich äußern sich auch US-Blogger, welche erste Notebooks mit dem neuen Chip testen konnten, beeindruckt über Performance, Lautlosigkeit und Energieeffizienz der neuen Architektur. Es wird sogar schon spekuliert, dass Windows von Microsoft auf die neue Apple-Architektur portiert werden könnte, was eine Herausforderung für Intel, AMD und die herkömmlche x86-Architektur bedeuten würde. Ganz aktuell meldet das US-Nachrichtenportal Axios, dass auch Google im kommenden Jahr einen selbstentwickelten ARM-Chip mit 8 Kernen vorstellen könnte. Anwendungsgebiete sollen demnach die Pixel-Smartphones und Chromebooks des Unternehmens sein.

Einen völlig anderen Markt geht der US-Anbieter Cerebras Systems mit seinem Chip an, wie das US-Technologie-Portal VentureBeat berichtet. Das Silicon-Valley-Unternehmen hatte demnach zusammen mit dem Technologie-Labor des US-Energieministeriums bekannt gegeben, dass sein CS-1-System mehr als 10.000 Mal schneller als ein Grafikprozessor (GPU) ist. Auf praktischer Ebene bedeute dies, dass neuronale KI-Netzwerke, deren Training zuvor Monate gedauert habe, jetzt auf dem Cerebras-System in Minutenschnelle trainiert werden könnten. Cerebras produziert den größten Computerchip der Welt: Auf einer Fläche von mehr als 30 Zentimetern Durchmesser arbeiten 1,2 Billionen Transistoren. Dazu wird ein kompletter Silizium-Wafer benutzt, der normalerweise nach der Bearbeitung in hunderte von Chips geschnitten wird. Zum Vergleich: Intels erster 4004-Prozessor von 1971 hatte 2.300 Transistoren. Der CEO des Unternehmens Andrew Feldman sagte in einem Interview mit VentureBeat, dass der CS-1 auch 200-mal schneller sei, als der Joule-Supercomputer, der auf Platz 82 der Liste der 500 besten Supercomputer der Welt steht. Der CS-1 schlug den Joule-Supercomputer bei einer Aufgabe in der rechnergestützten Strömungsdynamik, welche die Bewegung von Flüssigkeiten an Orten wie einem Vergaser simuliert. Im Kern will das 200-Mann-Unternehmen mit seiner Technologie Deep Learning-Anwendungen dramatisch beschleunigen. Die aktuelle Benchmark im Bereich der Strömungsdynamik könnte aber darauf hindeuten, dass der radikale Architekturansatz weitere Anwendungsfelder findet. Zu den Investoren des Unternehmens zählen Silicon-Valley-Größen wie der Sun-Gründer Andreas Bechtholsheim.

Zur deutschen Pressemitteilung von Apple über den M1
Blogger Jean-Louis Gassée über Apples M1 und die Folgen für den PC-Markt (Englisch)
Meldung von "Axios" zum Google-Chip (Englisch)
VentureBeat über den KI-Chip von Cerebras (Englisch)